Der Luzerner Kaffeemaschinenhersteller Thermoplan setzt bei seinem Neubauprojekt «unique» konsequent auf BIM. Eine Reise, auf die er alle bestehenden Partnerinnen und Partner mit eingeladen hat. Das Motto: gemeinsam lernen, gemeinsam wachsen. Auch Schindler arbeitet an der digitalen Transformation auf dem Bau ganz vorne mit.
Dass Thermoplan ausgerechnet in Weggis Kaffeemaschinen herstellt, könnte passender nicht sein. So lieblich und verschlafen das zwischen der mächtigen Rigi und dem tiefblauen Vierwaldstättersee eingebettete Dorf wirkt, so mondän ist seine Ausstrahlung. Dank des milden Klimas und der vielen föhnbedingten Sonnentage nennt man seine Gestade die «Riviera der Zentralschweiz». Der Schriftsteller Mark Twain sprach gar vom «charmantesten Ort», den er je besucht habe. Mit Thermoplan verhält es sich ähnlich. In den knapp 50 Jahren seiner Existenz hat sich das Unternehmen heimlich zum Weltmarktführer aufgeschwungen. Heute liefert es seine Vollautomaten an Grosskundinnen und -kunden in 80 Ländern, darunter an Starbucks und Nespresso. Weltklasse, ganz still und leise.
Wir wollen keinen Neubau, an dessen Kubatur wir dann unsere Prozesse anpassen müssen.
Es sollte also nicht überraschen, dass Thermoplan bei der Planung und dem Bau seines neuen Verwaltungsgebäudes «unique» gross denkt und unbekannte Wege beschreitet. Gleich zwei revolutionäre Arbeitsmethoden kommen zum Einsatz, um das 25 Meter hohe Gebäude bis 2024 fertigzustellen: IPD und BIM. Bei IPD (Integrated Project Delivery) handelt es sich um eine Zusammenarbeitsmethode, bei der alle im Bauprojekt beteiligten Akteurinnen und Akteure – auch die ausführenden und nachgelagerten Parteien – schon früh in den Planungs- und Entwicklungsprozess einbezogen werden, um eine bessere Kooperation zu ermöglichen. Ein einheitlicher Vertrag definiert Ziele, Verantwortlichkeiten und Risiken für alle Akteurinnen und Akteure gemeinsam, was dazu führt, dass sich die verschiedenen Stakeholder gegenseitig unterstützen, statt primär ihre eigenen Interessen zu vertreten. BIM (Building Information Modeling) liefert dazu das dreidimensionale Modell, in das die Informationen aller Parteien in Echtzeit einfliessen.
Fabian Hefti ist eine der treibenden Kräfte hinter dem Projekt. Ursprünglich Servicetechniker bei Thermoplan, kümmert er sich heute um den Bereich Smart Building. Das sei wie Lego spielen für Erwachsene, sagt er. Der Entscheid, beim Bau von «unique» konsequent auf IPD und BIM zu setzen, sei aus Betriebssicht gefällt worden: «Wir produzieren mehr als 20'000 Kaffeemaschinen im Jahr. Jetzt kommen mehr als 10'000 Quadratmeter Produktionsfläche hinzu. Da ist es für uns entscheidend, dass die Prozesse funktionieren. Wir wollen keinen Neubau, an dessen Kubatur wir dann unsere Prozesse anpassen müssen. Wir wollten es genau umgekehrt machen: ein Gebäude so bauen, wie es unseren Bedürfnissen entspricht.»
Zum Modell von «unique» gehören unterschiedliche Teilmodelle, etwa für das Tragwerk, für die Heizung und die Lüftung oder für die Logistik. Auch ein Aufzugsmodell gibt es, das von Schindler bewirtschaftet und mit Daten bestückt wird. Ein zentraler Informationsverantwortlicher prüft die Eingaben aller Akteurinnen und Akteure auf Korrektheit und Kompatibilität, sodass keine Fehler entstehen. «Der digitale Zwilling wird mit jedem zusätzlichen Modell grösser und schwerer», sagt Schindler-Projektleiter Mirko Apel. «Deshalb ist es wichtig, dass wir so viele Details wie nötig, aber so wenige wie möglich erfassen.» Im Aufzugsmodell sind dann beispielsweise jene Schnittstellen abgebildet, die der Liftschacht mit der Elektrik und den Lüftungsanlagen, aber auch im Bereich von Schall- oder Brandschutz hat.
Für Schindler geht es bei BIM nicht nur darum, den Ansprüchen professioneller Bauherrinnen und Bauherren zu genügen. Die Informationsgrundlage, die im Rahmen eines 3D-Aufzugsmodells geschaffen wird, erleichtert auch die eigene Arbeit, etwa in der Wartung, bei der Reparatur oder im Falle einer Rückrufaktion. Statt in Archiven Ordner zu wälzen, um herauszufinden, welcher Motor oder welche Schiene in einem Gebäude verbaut wurde, genügt künftig ein Klick im 3D-Modell. Und wird ein Teil repariert oder ausgetauscht, wird diese Änderung sogleich in Echtzeit für alle anderen Partnerinnen und Partner sichtbar. Ausserdem lassen sich mit den maschinenlesbaren Daten viele verschiedene Applikationen ansteuern, was die zunehmend automatisierte und immer häufiger von Robotern ausgeführte Arbeit auf dem Bau zusätzlich sicher und effizient macht.
«Die digitale Transformation kommt jetzt auch bei uns auf dem Bau an», sagt Fabian Hefti von Thermoplan. «Für uns und alle unsere Partnerinnen und Partner ist das eine grosse Chance.» Kein Wunder, dass man sich diese Chance in Weggis nicht entgehen lässt.
Kaffeemaschinen-Gigant aus Weggis
1974 gegründet, gehört die Thermoplan AG heute in der Entwicklung und Produktion von Kaffeevollautomaten zu den Weltmarktführern ihrer Branche. Das Familienunternehmen ist global tätig und beliefert Kundinnen und Kunden in 80 Ländern. Am Schweizer Hauptsitz in Weggis (Kanton Luzern) sind rund 500 Mitarbeitende tätig. Weltweit gehören über 200 zertifizierte Vertriebs- und Servicepartner zum Netzwerk von Thermoplan. Das Unternehmen zeichnet sich durch Innovationskraft, höchste Qualität, aber auch durch Zentralschweizer Bodenständigkeit aus und zählt unter anderem das US-amerikanische Unternehmen Starbucks seit 22 Jahren zu seinen Hauptkunden.