Auf dem heutigen RhyTech-Areal in Neuhausen (SH) wird mit Blick auf den Rheinfall gewohnt, gearbeitet, eingekauft oder im Rooftop-Restaurant diniert.
Von der Wiege der europäischen Aluminiumherstellung zum Stadtquartier. So lässt sich die Geschichte des RhyTech-Areals in Neuhausen am Rheinfall in wenigen Worten zusammenfassen. Dort produzierten Arbeiter ab 1888 erstmals in Europa den neuen, leichten Werkstoff Aluminium. Aus dem damaligen Unternehmen wurde später die Alusuisse, und die Produktion zügelte Mitte des 20. Jahrhunderts ins Wallis. Im Jahr 2007 kaufte Konkurrent Alcan das Unternehmen und stellte den Betrieb in Neuhausen ein. Plötzlich stand das 25 000 Quadratmeter grosse Areal vor einer ungewissen Zukunft.
Die nach Süden orientierte Lage auf einem Plateau mit Blick auf den Rheinfall und der direkt danebenliegende Bahnhof machten das Grundstück für Investierende interessant. Das Umnutzungsprojekt sollte sich trotz allem aber als zäh erweisen. Bis zum Baustart dauerte es weitere neun Jahre und die Fertigstellung erfolgte erst Ende 2023. Was war geschehen? Zwei Jahre nach dem Studienauftrag hiessen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Umzonung des Areals zwar knapp gut, aber die beiden geplanten Hochhäuser polarisierten und führten zu Einsprachen, weshalb die Baufreigabe erst 2019 erfolgte.
Der lange Atem hat sich gelohnt: Aus dem Werksgelände ist ein urbanes und attraktives Quartier entstanden. Prägende Elemente sind die ehemalige Industriehalle, die Platz für Restaurants, Geschäfte, eine Migros-Filiale und eine Eventhalle bietet, sowie die beiden Hochhäuser. Auch wenn sie umstritten waren, bilden sie ein Schlüsselelement des RhyTech-Quartiers. Denn durch das Bauen in die Höhe konnten einerseits die volle Ausnutzung erreicht und andererseits Flächen am Boden freigespielt werden.
Das niedrigere der beiden Hochhäuser mit 116 Mietwohnungen und dem Panoramarestaurant Rivi Roof samt Bar wurde noch während der Bauzeit von der Helvetia Versicherung gekauft. Im 24 Stockwerke hohen Nachbargebäude befinden sich 96 Eigentumswohnungen. Die beiden Häuser stehen auf einem Sockelgeschoss, wo die Garage sowie Ladengeschäfte untergebracht sind. Oben auf dem Sockelbau ist ein öffentlicher Park entstanden. Im Westen schliesst die Wohnsiedlung RhyGarten mit 68 Eigentumswohnungen an. Zwischen der Industriehalle und den Neubauten entstanden die Marktgasse und der Fabrikplatz als öffentliche Freiräume. Die neuen Wohnungen sind fast alle vermietet oder verkauft. Die gute Lage sowie der Blick auf den Rhein waren mit ausschlaggebend für den Erfolg. Ebenso die Architektur: Die Hochhäuser kommen mit ihrer Fassadenverkleidung aus schwarzen Aluminiumschuppen – eine Reminiszenz an die einstige Nutzung – elegant daher und die meisten Wohnungen verfügen über eine Loggia mit Rheinfallblick.
Ein grosses Thema bei der Realisierung des Projekts war die vertikale Erschliessung – nicht nur in den Gebäuden, sondern auch zwischen den verschiedenen Niveaus auf dem Areal. Neben Treppen und Rampen hilft auch ein Schindler-Lift vom Typ 3000, den Höhenunterschied zu überwinden. Insgesamt hat Schindler auf dem RhyTech-Areal 15 Anlagen realisiert. Flaggschiffe bilden die sechs Lifte in den Hochhäusern, die bis zu 28 Haltestellen bedienen. Die speziellen Anforderungen an solche Anlagen waren ein Grund dafür, dass Schindler den Auftrag erhielt.
Das Team von Schindler war bereits in der Vorprojektphase eingebunden. So führte es etwa Berechnungen aus, die zeigten, ob die Anzahl der Aufzüge genügen würde. «Das hat uns bei der Planung sehr geholfen», sagt Pascal Welti, Gesamtprojektleiter für das RhyTech-Areal bei Halter Entwicklungen.
Die vertikale Erschliessung für das kleinere Hochhaus erforderte eine komplexere Lösung: Neben den Mieterinnen und Mietern der Wohnungen müssen hier auch die Gäste des Restaurants und der Bar im Dachgeschoss sowie Waren für die Küche transportiert werden. Die Erschliessung wurde deshalb entflochten: Die Restaurant- und Bargäste gelangen über einen eigenen Eingang direkt zum Expressaufzug mit Platz für 13 Personen und einer Kapazität für eine Tonne Waren. Der Expresslift erforderte zudem spezielle Massnahmen. Martin Strub hat die Realisierung aller Anlagen auf dem RhyTech-Areal als Grossprojektleiter bei Schindler begleitet. Standard war für ihn und sein Team hingegen die Erschliessung des Wohnteils: Hier sind zwei Aufzüge vom Typ 3000 mit Platz für je acht Personen im Einsatz. Ergänzt werden sie durch einen grösseren Aufzug vom Typ 5500, der analog zu jenem im Nachbargebäude als Feuerwehrlift ausgerüstet ist. Er wird sowohl für den Wohn- als auch für den Gastrobereich genutzt. Dank dieser hybriden Nutzung konnte die Fläche für die vertikale Erschliessung möglichst klein gehalten werden. Mit dem Abschluss der Inbetriebnahme aller 15 Anlagen ist die Arbeit für Schindler auf dem RhyTech-Areal aber noch nicht beendet: «Im Auftrag der vier Eigentümerschaften werden wir in den nächsten zehn Jahren auch den Service sicherstellen», sagt Schindler-Verkaufsleiter Roland Lanz.