Ein Glück tragen sie Baseball-Caps mit ihren Namen: die Zwillinge Gian und Nick Zuber. Die beiden 18-Jährigen absolvieren gemeinsam die Berufslehre zum Polymechaniker EFZ bei Schindler. Wer das nicht weiss, glaubt schon mal, doppelt zu sehen.
«Hoi, ich bin Nick.» «Und ich bin Gian.» Moment: Du bist Nick, du Gian? «Nein, umgekehrt.» Die beiden lachen. Hier stehen sie, beim Schindler-Empfang in Ebikon, Gian und Nick Zuber. Nicht nur gleiche Arbeitskleidung, auch gleiche Statur, gleiche dunkle Haarfarbe, fast gleiche Gesichtszüge. Zum Glück hilft Nick sofort und zeigt auf ein Muttermal neben seiner Nase. «Das habe nur ich.» Eine Frage läge dennoch nah … «Zweieiig», nimmt Gian sie vorweg und schmunzelt. Sie kennen sie alle, die gängigen «Zwillings-Fragen». Wer ist älter? Wie nah seid ihr euch? Gibt es eine Story à la «Doppeltes Lottchen»? Nein, nervig seien sie nicht, sagen die zwei höflich. Und: «Elf Minuten», so Nick, «Gian ist elf Minuten älter als ich.» Und er habe kein Problem damit. «Auch so eine Frage», sagt er verschmitzt. Nun, dafür wusste Nick vor seinem Bruder, dass dieser eine Lehrstelle bei Schindler bekommt. Anders als Gian hatte er sein Bewerbungsgespräch recht spät. «Man sagte mir sofort zu – und liess mich wissen, dass Gian sich ebenfalls freuen kann.»
So kam es, dass die Zwillinge die Berufslehre als Polymechaniker EFZ bei Schindler gemeinsam antraten. «Zufall», sind sie sich einig. Beide hatten auch in anderen Berufen und Betrieben geschnuppert. Doch die Faszination für Maschinen liegt in der Familie: Auch der ältere Bruder ist Polymech, der Vater Maschinenbauingenieur. Und sowohl Gian als auch Nick fühlten sich beim Schnuppern top betreut von der Schindler Berufsbildung. «Natürlich haben wir uns gefragt, ob das gut kommt, wenn wir zu zweit hier anfangen», sagt Gian. Doch die Bedenken verflogen schnell. Zumal es pro Lehrjahr rund zehn Lernende gebe. Da seien sie sowieso nicht immer zusammen. «Nick arbeitet heute zum Beispiel dort hinten.» Gian spricht lauter, um das Dröhnen der Maschinen zu übertönen. Die beiden führen nun durch die Werkstatt. «Und ich bin hier an dieser 3-Achsen-CNC-Maschine.»
Die Präzision ist es, die Gian an seinem Beruf gefällt. Oft gehe es um hundertstel, teils gar tausendstel Millimeter. Diese Exaktheit, sie liege ihm. Und wie man mit einer 5-Achsen-Maschine aus einem Metallblock hochkomplexe Teile fertigen könne, sei einfach faszinierend, ergänzt sein Bruder. «Moment.» Nick verschwindet und taucht kurz darauf mit zwei Base-Caps wieder auf. Auf dem einen steht «Nick», auf dem anderen «Gian» – eine Idee ihres Berufsbildners. «Als noch nicht alle wussten, dass es zwei von uns gibt, wurden wir oft verwechselt.» Einmal, erzählt Gian, habe ihn jemand gefragt, ob er mit etwas schon fertig sei. «Und ich hatte keine Ahnung, wovon er spricht.» Inzwischen – im dritten Lehrjahr – sind die «doppelten Zubers» in der Werkstatt bekannt. Zudem helfen die Caps. «Sie sind ein Gag, aber wir tragen sie trotzdem», so Nick. Auch hin und wieder vertauscht? «Nun, unser Berufsbildner warnte uns, er halte sich schlicht an den Namen, der auf dem Cap steht ...»
Das klingt, als ob es auch beabsichtigte Verwechslungsstorys gibt. Die beiden winken ab. «Wobei ... einmal haben wir mein Muttermal überschminkt und Gian einen Punkt neben die Nase gemalt. Aber das war noch in der Primarschule.» Darauf hereingefallen sei leider niemand. Schon in der Schulzeit waren die Zubers stets in der gleichen Klasse. Dass man sich da vergleiche, gehöre dazu. «Zum Glück hatte bei uns mal der eine, mal der andere die besseren Noten», sagt Gian. Klar aber, dass man sich auch mal wundere: Warum ist der andere jetzt besser, ich habe doch viel mehr gelernt? Doch da sei immer auch der Ansporn: Wenn er es schafft, kann ich es auch! Nicht nur sie selbst stellen allerdings Vergleiche an. «Wer ist besser?» sei ebenfalls eine dieser oft gestellten Fragen, so Nick. Gerade bei der Teilprüfung nach dem zweiten Lehrjahr hätten alle gerätselt, wer von ihnen wohl besser abschneide. «Aber – dumm gelaufen – wir hatten identische Noten.»
Fast identisch sind auch Freundeskreis, Hobbys, Kleider- oder Musikgeschmack. «Nur beim Essen, da bin ich richtig kompliziert und Gian isst alles.» Stimmt, finden beide, das sei wohl wirklich ihr grösster Unterschied. «Und manchmal kommt Nick nicht aus dem Bett», sagt Gian und lacht. Den Weg von Kriens, wo sie wohnen, nach Ebikon legen sie dennoch immer zu zweit zurück. Und was ist mit jenem nach dem Lehrabschluss? Ideen sind da – ein Maschinenbaustudium, eine Saison als Skilehrer –, doch noch sei alles offen. «Ich glaube aber, dass unsere Wege sich dann trennen», sagt Gian. Ob ihnen allein etwas fehlen wird? Das sähen sie erst dann. «Wir sind gerne zusammen, aber nicht abhängig voneinander.» Zunächst jedoch ist es Zeit für den Weg zurück an die Arbeit, die für Gian im vorderen Bereich des Raums wartet, für Nick weiter hinten. Doch für beide in der gleichen Werkstatt.