Wissen und Essen haben etwas gemeinsam: Es ist am besten, wenn man es teilt. Wenn Ernie Saini dabei ist, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass alle eine grosse Portion von beidem bekommen.
«Ich liebe es, die Denkweise der Menschen zu ändern», sagt Schindler-Ingenieurin Ernie Saini. «Leute sagten schon zu mir, dass ein Aufzug doch nur eine Box sei, die hoch- und runterfährt. Ich liebe es, diese Aussage zu widerlegen. Ich erkläre ihnen dann die Technologie, die in dieser ‹Box› steckt, und zeige ihnen die riesige Anzahl an Menschen auf, die wir damit transportieren können.»
Saini kam vor über 15 Jahren zu Schindler und leitet heute das BIM-Team in Singapur. BIM (Building Information Modeling) ist ein Prozess, bei dem eine Software zur Erstellung und Verwaltung digitaler Darstellungen von Gebäuden während des gesamten Lebenszyklus eines Projekts eingesetzt wird.
«Mit BIM sind wir in der Lage, das Gebäude zweimal zu bauen», sagt sie. Zuerst in der virtuellen Welt, wo die Pläne leicht überprüft und geändert werden können – was Zeit, Energie und Material spart –, und dann ein zweites Mal in der realen Welt. «Es ist immer wieder aufregend zu sehen, wie ein neues Gebäude steht und fertig ist, bevor die Bauarbeiten überhaupt begonnen haben.»
Mit den Renderings, die Ernies Team erstellt, können die Kundinnen und Kunden die Grundrisse der Aufzüge und Lobbys in 3D sehen und sich darin bewegen – und jetzt können sie sogar in die virtuelle Welt eintreten und die Entwürfe mit Virtual-Reality-Brillen betrachten. Die Möglichkeit, sich in die virtuelle Zukunft zu versetzen, sei eines der Highlights ihrer Arbeit, erklärt Saini. «Nicht viele Menschen haben die Chance, in einer Branche zu arbeiten, die sich kontinuierlich in Richtung einer intelligenten Zukunft entwickelt.»
Ausserhalb der Arbeit ist Sainis Leidenschaft das Backen. «Ich liebe es zu backen, das ist mein Ausgleich», sagt sie. Auch wenn Backen etwas ganz anderes als Ernies normaler Job ist, so findet sie doch einen Weg, wie ihr Team davon profitieren kann. «Sie sind alle meine Versuchskaninchen», sagt sie lachend. «Wenn ich backe, bringe ich ihnen immer etwas zum Essen mit ins Büro.»
Ernie Saini begann bei Schindler als Teilzeitzeichnerin, nachdem sie AutoCAD am Institute of Technical Education (ITE) gelernt hatte. «Ich war 24 Jahre alt und frisch verheiratet. Mein Baby war erst einen Monat alt und mein Vertrag lief nur über sechs Monate», erklärt sie. Als Schindler Singapur vor fünf Jahren den Zuschlag für ein neues Terminal 4 am Changi-Flughafen in Singapur erhielt – das erste BIM-Projekt in Singapur –, gab es keinen Zweifel, wer das BIM-Team leiten sollte.
Die Erstellung des ersten Modells für ein neues Projekt sei zwar zeitaufwendig, aber wenn es einmal fertig ist, spart es eine Menge Zeit. «Es handelt sich um eine Frontloading-Technologie, das heisst, wenn die erste Version fertig ist, ist es relativ einfach, Änderungen vorzunehmen», erklärt sie. Im Vergleich zur herkömmlichen Methode, bei der ein Fehler in den Zeichnungen dazu führen kann, dass eine Wand abgerissen und neu gebaut werden muss, kann dies bei BIM im Voraus überprüft werden. «Mit einem Mausklick können wir die Aufzugsöffnung einfach verschieben.»
BIM hat sich auch als wertvolles Werkzeug für die Koordination und die Logistik erwiesen. Dank der klaren Übersicht, die das Tool bietet, kann das Team zu jedem Zeitpunkt des Projekts sehen, wo der beste Platz für die Lagerung von Materialien ist. Das bedeutet, dass die Teammitglieder im Voraus planen und sich problemlos mit anderen Serviceteams abstimmen können.
Wenn ein neues Projekt begonnen wird, werden alle Dienstleistungen – von Aufzügen bis hin zu Sanitäranlagen – in BIM berücksichtigt und dargestellt. Interoperabilität, also die Fähigkeit, in verschiedenen Sprachen geschriebene Software zu kombinieren, ist eine der wichtigsten Eigenschaften von BIM. Das bedeutet, dass selbst dann, wenn jedes Serviceteam seine eigene Software verwendet, diese in demselben endgültigen Modell kombiniert werden können.
Das Endergebnis: eine einzige BIM-Version für das gesamte Gebäude, sodass alle Projektbeteiligten auf dieselbe, aktuelle Version des simulierten Gebäudes zugreifen können. «Alle sind Gatekeeper ihrer eigenen Disziplin. Während wir also unsere Systeme betreuen und ändern können, kann das Sanitärpersonal zwar sehen, was wir tun, aber sie können die Aufzüge nicht umstellen», erklärt Saini lachend.
Nicht viele Menschen haben die Chance, in einer Branche zu arbeiten, die sich kontinuierlich in Richtung einer intelligenten Zukunft entwickelt.
Seit Saini bei Schindler angefangen hat, hat BIM viele Veränderungen erlebt. Und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Entwicklung in nächster Zeit nachlässt. Die mit BIM erstellten Pläne können bereits direkt von Schindler R.I.S.E, dem Roboter-Installationssystem für Aufzüge von Schindler, verwendet werden, um den gesamten Planungs- und Installationsprozess zu steuern. Ernie glaubt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir mehr Roboter auf der Baustelle sehen werden.
«Es wird weniger Menschen auf dem Bau geben, künstliche Intelligenz und Roboter werden eine viel grössere Rolle spielen», erklärt sie auf die Frage, wie sie sich die Zukunft vorstellt. «Das ist eine der Möglichkeiten, wie BIM die Baustellen für die nächste Generation von Arbeitnehmenden viel sicherer machen wird.»